Stefanie Nadler gehörte zu den ersten in der Papageiensiedlung, die Wärme und Strom von der Sonne bezogen. Und sie hat einen Vorzeigegarten.

 

„Dieser Haushalt ist atomstromfrei“, verkündet ein Aufkleber schon an der Haustür eines von Hugo Häring 1929 gebauten Reihenhauses. Hier in der südlichen Papageiensiedlung wohnt Stefanie Nadler, Homöopathin und Ärztin für Naturheilkunde. Und seit Anbeginn Mitglied bei IPPNW, der internationalen Vereinigung der Ärzte gegen den Atomkrieg, die 1980 durch einen russischen und einen US-amerikanischen Arzt gegründet und 1985 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

 

Eine nuklearfreie ökologische Lebensführung war und ist für Stefanie Nadler deshalb selbstverständlich. Dazu gehört auch Strom aus erneuerbaren Energien, wie ihn die Energiegenossenschaft ESW Schönau, gegründet nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl, seit 1998 bundesweit anbietet. Und als sie 1993 ihr Haus erstand, ließ sie die stromfressende Nachtspeicherheizung herausreißen und mit Genehmigung der Denkmalbehörde Solarthermie auf dem hinteren Dach anbringen, unsichtbar von der Straßenseite aus. „Damals steckten die Erneuerbaren noch in den Kinderschuhen“, erzählt sie, was sich auch im stolzen Preis von 24.000 Mark ausdrückte. Seitdem ist bei ihr von April bis September die Gastherme ausgeschaltet, „ich könnte sogar noch die Nachbarn mit Warmwasser versorgen.“

 

2011 ließ sie das Dach neu dämmen, die thermische Anlage verkleinern und Solarmodule montieren. „Seitdem speise ich selbst Solarstrom ins Netz.“ Sie achtet darauf, ihre Wasch- und Geschirrspülmaschine möglichst mittags anzuschalten, wenn die Ausbeute an Solarstrom und Warmwasser am größten ist. Da inzwischen die Preise für Netzstrom massiv gestiegen sind, überlegt sie nunmehr, sich einen Solarspeicher im Keller anzuschaffen. „Aber mir ging es immer weniger ums Geldsparen als um das Energiesparen, um den Klimaschutz.“ Und tatsächlich liegt ihr Haushalt mit rund 11.000 Kilowattstunden Gas und 800 Kilowattstunden Strom jährlich ein ganzes Stück unter dem Normalverbrauch benachbarter Familien. Dazu trägt auch die Dämmung im Haus bei – auch die Haustür ließ denkmalgerecht neu dämmen.

 

Die Ärztin engagiert sich weiterhin im IPPNW, „das Thema Atombomben und Atomkraftwerke ist ja leider immer noch akut.“ Im Herbst 2022 hielt sie zur atomaren Bedrohung einen „Zeitfragen“-Vortrag in der Emmaus-Gemeinde und organisierte eine Ausstellung dazu. „Bei einem Atomkrieg werden wir euch nicht helfen können“, zitiert sie das Gründungsmotto der Organisation. Und deshalb ist ihr Vorbeugung so wichtig – gegen Krieg und Klimakatastrophe. Wichtig ist ihr, immer wieder darauf hinzuweisen, dass auch die „friedliche Nutzung der Kernenergie“ keineswegs friedlich ist. Und dass trotz der propagierten Unabhängigkeit von Putins Energie in Gronau und Lingen und Gronau Brennstäbe mit russischem Uran für Atommeiler aufbereitet werden.

 

Aber ihr Widerstand gegen Atom ist gleichzeitig ein Einsatz für Lebendigkeit und Natur. Eine ihrer größten Freuden ist ihr sonnenreicher Garten Richtung Süden, bestückt mit Weinreben, Obstbäumen, Beerensträuchern und sogar einem Feigenbaum, der zweimal im Jahr Früchte trägt und in der kalten Jahreszeit ein schützendes Wintermäntelchen mit Christbaumkugeln umgehängt bekommt. „Meine Freunde haben mir zum 60. Geburtstag einen Bausatz für ein Hochbeet geschenkt“, berichtet sie. „Das erspart mir das Büchen. Und liefert mir das ganze Jahr über Gemüse, manchmal so viel, dass ich damit Nachbarn beschenke. Selbst im Winter ernte ich unter der Plane Feldsalat, Portulak und Mangold. Ich kann von der Hand in den Mund leben“, sagt sie lachend. „Und meine Enkel lernen, was hier wächst und was schon reif ist.“

 

Ihre fruchtbare Gartenerde stellt sie aus Küchen- und Gartenabfällen im eigenen Kompost her, unter Zusatz von Pferdemist, Effektiven Mikroorganismen und Pflanzenkohlestreu. Die Pflanzenkohle besteht aus organischen Abfällen, die zu reinem Kohlenstoff verschwelt (pyrolysiert) wurden. Pro Kilo können damit zwei bis drei Kilogramm CO2 dauerhaft in der Erde gespeichert werden. Klimafreundlicher Gärtnern geht nicht.